
Heute erhält das Team spontane Verstärkung aus Norddeutschland. Ute und Conny, die im Haus von Freunden Urlaub auf der Insel Lesbos machen, haben von unserem Projekt gehört und melden sich mit der Frage, ob sie sich bei „Proti Stassi“ nützlich machen können? Und ob! Mit dem eigenen Mietwagen kommen die beiden am Vormittag aus Molyvos herübergefahren und steigen ohne Zögern ein: auf den großen, weissen Plastiktischen des Kafeneions (Nikos, der Wirt, hat sie uns als provisorische „Küche“ angeboten) wird Brot geschnitten, Tomaten, Wassermelonen. Erstmals bereichert auch der wunderbare, lokale „Feta“-Käse die Speisekarte. Oliven gibt es auch – und die ofenfrischen Sesamringe aus der Produktion von Paraskevas, dem Dorfbäcker. Tisch um Tisch wird herausgetragen und den Gästen serviert. Kein Wunder, dass „Proti Stassi“ sich bereits einiger Beliebtheit erfreut. Bei einem Kurzbesuch um chaotischen Flüchtlingslager „Kara Tepe“ nahe der Inselhauptstadt treffen wir viele der Syrer wieder, die am Vorabend noch unsere Gäste waren. Sie laufen uns entgegen und zeigen uns ihre Übergangsbehausungen. Wenigstens gibt es hier mittlerweile primitive Duschen und einige Toiletten. Soweit sind wir in Klio leider noch nicht, die Verhandlungen um die Nutzung des Armeepostens dauern noch an.
Am Abend sind es schon fünf Busse, die heute Flüchtlinge aus Klio abgeholt haben. „Früher ist nie ein Bus zu uns gekommen“, berichten die Dorfbewohner, „die waren immer nur für die Touristenorte da!“ Ist das ein Erfolg? Bedingt. Denn wir wissen natürlich, dass mit der Abreise nach Mytilini die große Frage noch nicht gelöst ist: die EU muss schnell eine Lösung finden, wie die Ankommenden an den Aussengrenzen auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden können. Nach dem Kollaps des Aufnahmesystems auf den Inseln nimmt der Druck nun für das ganze Land zu – mit unwägbaren, politischen Folgen für die Hauptstadt. Dort sammeln sich die gestrandeten Flüchtlinge – und die Bilder von überfüllten Zelten in den Athener Parks sind Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen.